- Home
- Digitalisierung
1. industrielle Revolution: Einführung mechanischer Produktionsanlagen mit Hilfe von Wasser- und Dampfkraft
Für die bisherigen industriellen Revolutionen waren technologische Innovationen das auslösende Moment. Wasserkraft und Dampfmaschinen können als Treiber der ersten industriellen Revolution gesehen werden. Der Einsatz des ersten mechanischen Webstuhls wird auf 1784 datiert und der Ersatz von Muskelkraft durch Maschinen, die von Wasserkraft und Dampf angetrieben wurden, erschuf erstmals eine industrielle Arbeitswelt.
Gleichzeitig entstanden neue Bereiche – die ersten Eisenbahnen, Kohleabbau, Schwerindustrie, die Dampfschifffahrt, Tuchherstellung, Verkehr und Textildruck. Dies war auch die Geburtsstunde des deutschen Arbeitsrechts, weil „die menschliche Arbeit im Dienste eines Anderen“ die gesellschaftlichen Diskussionen erreichte. Das Allgemeine Preußische Landrecht von 1794 behandelte bereits verschiedene Geschäfte, wie den Werkvertrag, den Liefervertrag sowie den Vertrag über Arbeitsleistungen von Handarbeiten und Tagelöhnern1. Der Zwang zur „Selbsthilfe der Beteiligten“2 führte zu der Arbeiterbewegung und 1848 wurde in Berlin die „Arbeiterverbrüderung“3 gegründet.
2. industrielle Revolution: Einführung arbeitsteiliger Massenproduktion mit Hilfe von elektrischer Energie
Die historisch und sozialwissenschaftlich geprägten Wissenschaften verstehen unter der Industriellen Revolution den tiefgreifenden und dauerhaften Umbruch der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse im ausgehenden 18. und dann vor allem im 19. Jahrhundert4. Wohl mit der Nutzung von Fließbändern in den Schlachthöfen von Cincinatti (USA) im Jahre 1870 begann die zweite Industrielle Revolution.
Die Mechanisierung der industriellen Arbeitswelt durch den Einsatz von elektrischer Energie und die fortschreitemde Arbeitsteilung (Taylorismus) am Fließband prägten diese Zeit. Alles ging einher mit einer enormen Steigerung der Produktivita?t und einer Massenproduktion. Elektrifizierung, Motorisierung, Chemisierung und Betonierung wurden von der Massendemokratie und Massenkommunikation begleitet5. Gesellschaftspolitische Herausforderungen führten daneben auch zu der Herausbildung einer starken Mittelklasse und eines frühen Wohlfahrtsstaates. Nach dem Ende des ersten Weltkrieges wurde mit der Weimarer Reichsverfassung einem modernen Arbeitsrecht der Boden bereitet. „Die Bedeutung der Weimarer Reichsverfassung für das Arbeitsrecht, seine Entwicklung, Systematisierung und Auslegung ist im historisch-sozialen Zusammenhang einzigartig“6. Die Bedeutung der Koalitionen und das Tarifvertragsrecht fanden ihre rechtliche Anerkennung und gesetzliche Ausgestaltung in der vom Rat der Volksbeauftragten erlassenen Tarifvertragsordnung vom 23.19187. 1920 wurde mit dem Betriebsrätegesetz die Grundlage für die Vertretung der Arbeitnehmer im Betrieb auf der Grundlage einer Betriebsverfassung normiert8. Auch auf dem Gebiet des Arbeitsvertragsrechts war die Weimarer Republik aktiv9.
3. industrielle Revolution: Einsatz von Robotik und IT zur weiteren Automatisierung der Produktion
Mit der ersten speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) 1969 zeichnet sich der Beginn der dritten industriellen Revolution ab. Die einsetzende „Digitalisierung durch Einsatz programmierbarer Maschinensteuerung zur weitgehenden Automatisierung und Standardisierung weiter Bereiche der Fertigung aber auch vieler Prozesse mit Hilfe von IT“10 prägten die industrielle und gesellschaftliche Entwicklung.
Die dritte industrielle Revolution basierte auch auf der Erfindung des Mikrochips (Integrierter Schaltkreis) und dessen stetiger Leistungssteigerung (Mooresches Gesetz), der Einführung der flexiblen Automatisierung in der Produktion und dem Aufbau weltweiter Kommunikations-Netze wie dem Internet11. In Folge konnten Arbeitsprozesse mithilfe von Computern (Computerisierung) zunehmend automatisiert oder rationalisiert werden. Diese digitale Revolution kann auch als mikroelektonische Revolution bezeichnet werden12. Mit der Geltung des Grundgesetzes und der sozialen Marktwirtschaft hat sich das deutsche Arbeitsrecht weiterentwickelt und die Inhalte eines Arbeitsverhältnisses ergeben sich heute aus mehreren Rechtsquellen. Es kam zum „Stufenbau des Arbeitsrechts“, weil grundsätzlich die ranghöherer Regelung der rangniederen vorgeht. Das Gemeinschaftsrecht (EWR bzw. EU-Recht), die Verfassung, die arbeitsrechtlichen Gesetze, Rechtsverordnungen, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen (Gruppenvereinbarungen), der Arbeitsvertrag und das Direktionsrecht des Arbeitgebers gestalten in dieser Reihenfolge das Arbeitsverhältnis. Darüber hinaus wird das Arbeitsrecht in Deutschland maßgeblich von der Rechtsprechung geprägt. Auf dieses komplexe Konstrukt trifft die vierte industrielle Revolution, wobei die rechtliche Gestaltung der Arbeit und der Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmern und die Art und Weise der Verrichtung der Arbeit in Beziehung zueinander stehen13.
4. industrielle Revolution: Weltweite Vernetzung
Weltweite Vernetzung der Bürger, Kunden, der Arbeits- und Dienstleistungen sowie der administrativen (Verwaltung 4.0), wirtschaftlichen (Wirtschaft 4.0) und industriellen Infrastruktur (Industrie 4.0, Cyber-Physische Produktionssysteme (CPPS) auf der Grundlage der Plattformökonomie und disruptiver Geschäftsmodelle. Die Digitale Transformation bezeichnet einen in den digitalen Technologien begründeten Veränderungsprozess, der fortlaufendend die gesamte Gesellschaft und insbesondere Unternehmen mit deren Arbeitswelten betrifft und durch disruptive Geschäftsmodelle sowie plattformgetragene und ökonomische Ökosysteme verstärkt wird. Die vierte industrielle Revolution bzw. die Digitale Transformation stellen alles Bekannte auf den Kopf.
Die Revolutionäre aber arbeiten nicht in Deutschland. Nein, sie wirken „im mächtigsten Tal der Welt“; im Silicon Valley14. Dies ist mittlerweile bekannt. Aber auch China will und wird die „Digitale Transformation“ im eigenen Land zur Stärkung der eigenen internationalen Wettbewerbsfähigkeit nutzen. Momentan fokussiert sich die Diskussion in Deutschland auf die industrielle Produktion (Industrie 4.0) Die Digitalisierung erreicht aber nicht nur diesen, für Deutschland besonders wichtigen Bereich, sondern erstreckt sich auf alle Bereiche des Arbeitslebens. Dienstleitungen (Wirtschaft 4.0), handwerkliche Tätigkeiten (Handwerk 4.0) und Verwaltungstätigkeiten (Verwaltung 4.0) werden bereits jetzt und im Zeitablauf im steigenden Maße digitalisiert und vernetzt. Die Grenzen von Arbeit und Privatleben verschwimmen dabei zunehmend. Die vierte industrielle Revolution bedeutet nach den bisherigen Stufen Mechanisierung, Automatisierung und Digitalisierung einen bedeutsamen Megatrend, in dessen Zentrum die absolute Vernetzung von Allem und Allen mit Allem und Allen steht. Konnektivität bezeichnet die neue Organisation der Menschheit in Netzwerken. Die Konnektivität prägt Individuen, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft und das Leben wird total vernetzt. Die modernen Kommunikationstechnologien verleihen der Konnektivität unbändige Kraft, die Disruptionen auslöst und neue Formen des Zusammenarbeitens, Wirtschaftens und Arbeitens bedingt15. Die Digitalisierung erfasst auch die Welt der Arbeit, wie das Weissbuch „Arbeiten 4.0“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (Diskussionsentwurf Stand: November 2016) auf eindrückliche Weise zeigt. Diese Revolution erfasst auch das Arbeitsrecht, wie die Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentages 2016 zu dem Komplex: „Digitalisierung der Arbeitswelt – Herausforderungen und Regelungsbedarf“ augenscheinlich werden lassen. Von Folgendem wird dort ausgegangen: „Die Digitalisierung begünstigt (somit) Organisationsformen und Geschäftsmodelle, die das soziale Phänomen der „Leistung von Arbeit durch freie Menschen und nach Weisungen des Leistungsberechtigten und unter Eingliederung in seinem Betrieb als „Grundtatbestand des Arbeitsrechts“ aushöhlen“16. Wir erleben einen „Trend zur räumlichen und zeitlichen Dekonzentration von Arbeit‘17 und damit die Auflösung des Betriebes als klassisches Gravitationszentrum der Arbeitswelt und der (arbeits-)rechtlichen Gestaltungen.“18 Allerdings werden wir uns nicht nur mit dem Arbeitsrecht 4.0, sondern auch mit dem Arbeitsschutzrecht und der Sozialpolitik 4.0 beschäftigen müssen. Dass bei alle dem die Tarifpolitik 4.0 nicht fehlen darf, versteht sich wohl von selbst.
Treiber der Digitalen Arbeitswelt
Auch für die digitale Arbeitswelt werden unterschiedliche (technologische) Treiber relevant. Mit der Abbildung (Abb. 1: Treiber der Digitalen Arbeitswelt) werden wesentliche Treiber der Digitalen Arbeitswelt dargestellt. Mit der Konnektivität wird die Basis der Digitalen Transformation angesprochen. Alles wird mit Allem weltweit vernetzt. Auch Blockchain nutzt die allumfassende Verbindung. Die unternehmens- und branchenübergreifende Zusammenarbeit der Unternehmen wird für die Unternehmen existenziell, da insbesondere „Open Innovations“ über den Markterfolg entscheiden und eine „funktionale Entgrenzung“ der Arbeitswelt bedeuten können. Automatisierung durch Roboter, die mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz und Big Data Produktivitäts- und positive wie negative Beschäftigungseffekte bewirken (können). Disruptive Geschäftsmodelle, die Plattform-Ökonomie und Crowdsourcing stellen tradierte Geschäftsmodelle, Produkte, Produktionsverfahren und die Grundlagen unserer heutigen Arbeitswelt in Frage. Cyber Crime wird zum beherrschenden Thema. Die Cloud (Rechnerwolke) ermöglicht viel, auch eine weltumspannende Arbeitswelt. Für Deutschland steht im Moment die Digitalisierung der industriellen Produktion im Vordergrund: Industrie 4.0. Cyber-Physische Produktionssysteme (CPPS), die additive Fertigung, 3D Drucker, Virtual und Augmented Reality beherrschen die öffentliche und mediale Diskussion. Die wirtschaftlichen, technischen und organisatorischen Erfolgsfaktoren für die Industrie 4.0 finden sich aber auch in einer horizontalen und vertikalen Systemintegration, der dezentralen Intelligenz und Steuerung und in einem durchgängigen digitalen Engineering. Natürlich treffen diese Treiber nicht alle Unternehmen und Arbeitsplätze im gleichen Maße und/oder zur selben Zeit. Vielmehr entwickeln die Treiber in Abhängigkeit von dem technologischen Zuschnitt der jeweiligen Branche und dem Grad der Digitalisierung und Kapitalisierung der Wettbewerber an Bedeutung. Wettbewerber müssen auch nicht aus derselben Branche stammen und auch Start- Ups können tradierte Geschäftsmodelle bzw. Produkte sowie Produktionsverfahren terminieren.
Die digitale Arbeitswelt in der Cloud
Diese Treiber verändern die Wertschöpfungsstrukturen und die Zusammenarbeit von Unternehmen und Menschen. Auch durch den Einsatz von IKT lösen sich die tradierten betrieblichen Strukturen auf und die Grenzen der konkreten Aufgabenerledigung verschwimmen. Die jeweilige Aufgabenerfüllung kann konzernweit, unternehmensüberschreitend und natürlich auch durch branchenfremde Mitarbeiter aus unverbundenen Unternehmen erfolgen. Die betriebs- und unternehmensüberschreitenden Arbeitsabläufe geschehen in virtuellen Netzwerken und binden Zulieferer und Kunden ein. „Trotz aller Unterschiede im Einzelnen besteht der gemeinsame Nenner dieser Erscheinung darin, dass die Koordination von Arbeitsvorgängen nicht mehr vertikal und zentral durch einen hierarchisch aufgebaute Organisation mit klar definierten und auf Dauer gestellten Entscheidungsbefugnissen, sondern horizontal und dezentral sowie im Wege marktförmiger und damit kurzlebiger Prozesse erfolgt“19. Die Digitale Transformation verändert hierbei vier Innovationsfelder: Produkte, technische Prozesse, Dienstleistungen und Organisationen20. Da die digitale Arbeitswelt wohl vornehmlich in der Cloud stattfinden wird, wurde die Rechner-Wolke als Rahmen der einzelnen Elemente, Veränderungen oder Erscheinungsformen der Digitalisierung genutzt. In den zwei Wolken finden sich die momentan diskutierten Bestandteile der digitalen Arbeitswelt. Die linke, zum Teil verdeckte Wolke zeigt Bestandteile der digitalen Arbeitswelt, die alle Bereiche unserer Wirtschaft betreffen oder betreffen werden. Neben den Treibern Big Data, Internet der Dinge, Blockchain, Cyber Crime, disruptive Geschäftsmodelle, Künstliche Intelligenz, die Plattformökonomie und etwa Crowdsourcing finden sich sechs Icons, die relevante Elemente der digitalen Arbeitswelt symbolisieren.
Die „Smart Watch“ steht für wearables, das Haus mit der Cloud für das vernetzte Home Office, die Drohne für unbemannte Flugkörper, das Ipad mit Lehrer für das digitale Lernen und das Icon rechts neben dem Icon disruptive Geschäftsmodelle (Bombe) symbolisiert die positiven wie negativen Beschäftigungseffekte der Digitalisierung. Die Brille steht für Augmented Reality.
Die rechte Wolke wiederum widmet sich vertieft dem Bereich der industriellen Produktion - der Industrie 4.0 -, weil dieser Bereich im Moment in Deutschland im Fokus steht, umfassend national und international diskutiert wurde und von dem digitalen Tsunami schon jetzt erfasst wird.
Die horizontale und vertikale Systemintegration, dezentrale Intelligenz und Steuerung sowie durchgängiges digitales Engineering zählen als Teil der Cyber-Physisches Produktionssystem (CPPS) natürlich zur Industrie 4.0. Auf dem Boden der rechten Wolke findet sich die Icons für mobiles Arbeiten, der externen Crowd, der weltweiten beschäftigten Arbeitnehmer, der internen (geschlossenen) Plattform und der internen Crowd. In der digitalen Fabrikhalle werden darüber hinaus deutsche Mitarbeiter und Roboter interagieren (Icon: Mensch-Maschine-Interaktion) und humanoide Roboter und 3d Drucker die Arbeitswelt prägen. Bei diesem arbeitsteiligem Zusammenwirken werden Cyber-Physische Produktionssysteme (CPPS) für das Human Ressource Management und die Arbeitnehmervertretungen relevant.
Unternehmens- und branchenübergreifende Zusammenarbeit, Agilität und Flexibilität bilden aber letztendlich erst die Grundlage für das auf Schnelligkeit getrimmte, erfolgreiche digitale Unternehmen. Diese Unternehmen könnten auch die permanent steigende Komplexität für sich nutzen. Dies wird in Zukunft wichtig, wie ein Zitat von Fredmund Malik21 aufzeigt:
„Die richtige Strategie ist das Nutzen von Komplexität. Denn Komplexität ist der Rohstoff für Intelligenz, Innovationen und Evolution, für Selbstregulierung und Selbstorganisation, und für höhere Leistungen.“
Die globale Fabrikhalle
Die Treiber und Elemente der Digitalen Arbeitswelt prägen die globale Fabrikhalle in der Cloud, die wie in der Abbildung 3 ( Globale Fabrikhalle) dargestellt, aussehen könnte. Die digitale Workforce arbeitet schnell und rund um die Uhr nach dem Motto: „Wofür wird produziert“. Interne Firmenplattformen bilden die Grundlage für das kooperative Zusammenwirken der Unternehmensmitglieder. Über eigene (externe), offene Plattformen werden Produkte, Dienstleitungen des Unternehmens angeboten bzw. Arbeits- und Dienstleitungen weltweit für den unternehmerischen Schaffensprozess am Markt bedarfsorientiert eingekauft. Der Kunde „arbeitet“ auf dieser Plattform mit dem Unternehmen zusammen. Die Unternehmens- und branchenübergreifende Zusammenarbeit erfolgt bei Forschung und Entwicklung zum Beispiel mit den Lieferanten und externen Spezialisten. Diese sind Bestandteil der globalen Fabrikhalle und in den unternehmerischen Schaffensprozess und die Wertschöpfungsnetzwerke integriert.