Smart Office Home und die Architektur der Arbeit 4.0

Wissenschaftsgeschichte 13. April 2021 - Das Schack

Die Dreifaltigkeit der Mobilität mit Verbrennungs- und E-Motoren sowie wasserstoffgetriebenen Aggregaten terminiert 2030 die Strategie einer Smart Factory für e-mobile und verstärkt deren wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die Factory konkurriert mit dem Technologieführer China im Bereich des Internets der Autos und der Künstliche Intelligenz[1]. Unternehmens- und Arbeitnehmervertreter verhandeln deshalb über ein Zukunftskonzept und die Gegenforderung der Arbeitnehmer nach Smart Office Home-Arbeitsplätzen. Hacker terminieren die Stromversorgung. (Wissenschaftsgeschichte II). Personas symbolisieren Akteure der Geschichte und zeigen als SchIcons gestaltet, deren Tätigkeiten. Der Wissenschaftsroman Surfen auf dem digitalen Tsunami steht für die ersten vier, die Wissenschaftsgeschichte I für die letzten SchIcons.

Deutschland lebt ohne digitales Rückgrat

Nach dem Hackerangriff versorgen Notstromaggregate zwar die Produktions- und IT-Bereiche der Factory, nicht aber den Konferenzbereich. Die Kommission, die das Unternehmenskonzept der Factory verhandelt, sitzt im wahrsten Sinne des Wortes im Dunkeln. Ein Kommissionsmitglied, die Betriebsrätin Kara, ist vom Hack der Stromversorgung unbeeindruckt: „Ray, zahl die Bitcoins. Wir sind für solche Sachen versichert. Du musst auch der Smart Office Home-Forderung für unsere Mitarbeiter nachkommen. Sonst sehe ich schwarz für das Unternehmenskonzept. Siemens setzt bereits 2020 auf Homeoffice für 140.000 Mitarbeiter.[2] Denk daran: Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung der Mobilen Arbeit.[3] Zwar registriert Ray Kara`s Hinweis auf die Keule der deutschen Mitbestimmung. Der Amerikaner sinniert aber nach dem Stromhack in der digitalen Wüste Deutschland über die Zukunftsaussichten seiner Arbeit: Die veraltete Cybersecurity des Stromversorgers ermöglichte erst den Angriff auf die Stromversorgung der Factory. Jedem im Raum ist klar: Wer die Digitalisierung vernachlässigt, verliert über kurz oder lang elementare Zukunftsbereiche. Deutschland befindet sich auf den strategisch wichtigen Bereichen des Internets, der Künstlichen Intelligenz, der Cybersecurity und des Mobilfunks der 5. Generation im Zangengriff zwischen Anbietern aus China und den Vereinigten Staaten. Diese verfolgen ihre Strategien konsequent und erfolgreich.[4]Bereits 2020 hatte das Europäische Patentamt zur Patentanmeldung in Sachen vierte industrielle Revolution (4IR) festgestellt:

Die Dominanz der USA und der Aufschwung Koreas und Chinas in der 4IR-Innovationslandschaft erklären sich aus der Dynamik der nationalen Marktführer und der regionalen Cluster. Dagegen haben die Spitzenreiter unter den europäischen und japanischen 4IR-Patentanmeldern seit 2010 an Bedeutung verloren, und das Wachstum der Innovationstätigkeit der wichtigsten Cluster in Europa und Japan hat sich verlangsamt.[5]

 

Ray warnt schon lange und eindringlich vor dem digitalen Tsunami, in dem Deutschland droht, den technologischen Anschluss zu verlieren und zu einem digitalen Vasallen zu werden.[6] Aber Deutschland schläft immer weiter seinen digitalen Dornröschenschlaf (Wissenschaftsgeschichte I). Und so überweist er schweren Herzens 100.00 Bitcoins auf ein anonymes Blockchain-Konto der Hacker, um das Meeting nicht am Stromhack scheitern zu lassen.

Epidemien sind ein neuer Megatrend

Die Bitcoins sorgen für Licht, das Meeting geht weiter und Xanadu stellt ihre Frage erneut: „Wie werden die Steueranreize und die Förderung des SOH finanziert?“

Kara: „Simpel. Der Corona-Soli und die Digitalsteuer finanzieren alle Ausgaben.“

Ray: „Warum wird der Corona-Soli für die Finanzierung verwendet?“

Soliana: „Die weltweite Ausbreitung des Corona-Virus, die fortgesetzte Urbanisierung und die hohe globale Mobilität der Bevölkerung sprachen 2020 für die Wahrscheinlichkeit weiterer Epidemien. [7]Da Home Working ein wirksamer, ökologischer Infektionsschutz ist, erfolgte die Finanzierung auch als Pandemie-Prävention.“

Smart Office Home – eine Gemeinschaftsaufgabe

Leopold: „Genau. In der Diskussion um das Recht auf Homeoffice [8] im Wahlkampf 2021 wurde allen deutlich, dass auf der einen Seite zahlreiche Vorteile mit Home Working für Arbeitnehmer und Arbeitgeber verbunden sind, der Klimawandel und Pandemien bekämpft werden können, aber auf der anderen Seite auch viele Rechtsfragen zu berücksichtigen sind und eine nachhaltige Steuergerechtigkeit erzeugt werden muss. Jedem Politiker wurde mit Hilfe der sozialen Medien klar, dass sich hinter der Homeoffice-Pauschale objektiv oder subjektiv eine Work-From-Home-Tax versteckte, weil Steuerpflichtige auf den Kosten für Strom, Miete, Heizung sitzenblieben, wenn die Pendler-Pauschale wegfällt und die Höhe der Werbungskosten inklusive Homeoffice-Pauschale die 1000 Euro unterschreiten. Und so wollten alle das SOH.“

Soliana: „Klar. Jeder Beschäftigte mit einem ganzjährigen Arbeitsplatz im SOH kann 2300 Euro von der Steuer abziehen!“

Die win/win/win-Situation

Leopold: „Aber nicht nur Arbeitnehmer werden entlastet. Wie ich Euch noch zeige, werden Umwelt und moderne Unternehmen wesentlich entlastet (Wissenschaftsgeschichte IV). An dieser Stelle erkläre ich die Konzeption. Für die Gestaltung von Home Working sind fünf Bausteine[9] wichtig:

  1. Arbeitsrecht (Arbeitsvertrag, ggf. Betriebsvereinbarung und Tarifvertrag),
  2. Arbeitsschutz (Gefährdungsbeurteilung, Arbeitsstätten- und Betriebssicherheitsverordnung),
  3. Konnektivität (etwa Netzverbindung, Cloudcomputing, Remote-Connectivity-Plattformen), Datenschutz (Bundesdatenschutzgesetz, Datenschutz Grundverordnung) und Datensicherheit (Cyber Crime),
  4. Versicherungsfragen (Unfälle im Office Home etc.[10]) und das
  5. Steuerrecht."

Adil: „Wie wurden die unterschiedlichen gesetzlichen Anforderungen an die Büroausstattung auf der einen Seite mit den Angeboten der Hersteller von Möbeln, Computern und Software auf der anderen Seite unter einen Hut gebracht?“

Ray: „Gute Frage. Wichtiger ist doch aber doch: Woran erkenne ich als Arbeitgeber einen Smart Office Home-fähigen Arbeitsplatz?“

Leopold: „Herzlichen Dank für die wirklich guten Fragen. Auf Initiative des Digital-Ministeriums taten sich Sozialpartner, Möbelhersteller, Produzenten für Hard- und Software etc. als auch Netzbetreiber mit der Unfallversicherung, den Arbeitsschutz- und Datenschutzbehörden, dem Steuergesetzgeber und der Krankenversicherung zusammen, um das Smart Office Home als Smart Factory für Büro- und Wissensarbeit zu gestalten. Alle einigten sich auf das Procedere (Abb. 1). Zunächst formulierten die Beteiligten die unterschiedlichen gesetzlichen Anforderungen, die das SOH - auch aus steuerrechtlicher Perspektive - erfüllen muss (1). Im zweiten Schritt formulierten die Sozialpartner die entsprechenden Tarifverträge bzw. Vorlagen für Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträge, auch um die Identifikation Office-Home-fähiger Arbeitsplätze auf nachvollziehbare und gerichtsfeste Parameter stützen zu können (2). Parallel dazu bewarben sich im dritten Schritt Unternehmen, um eine Berücksichtigung ihrer Produkte bei der Ausstattung des SOH. Diese Produkte wurden in einem Katalog gelistet, soweit sie den Anforderungen an das SOH genügten. Zum Beispiel musste die Büroausstattung der Arbeitsstättenverordnung entsprechen (3). Zum Abschluss wurde eine unabhängige Zertifizierungsstelle (4) bestimmt.“

 

Die Crowdworking-Plattform-Unternehmerin Xanadu: „Warum braucht es eine unabhängige Zertifizierungsstelle und was macht die Stelle?“

Leopold: „Als Zertifizierung bezeichne ich das Verfahren, mit dessen Hilfe die Einhaltung der festgelegten Anforderungen an die Ausstattung eines SOH nachgewiesen wird. Die Stelle erteilt eine Bestätigung darüber, dass der SOH-Arbeitsplatz den Vorgaben entspricht und stellt eine Bescheinigung sowohl für das Finanzamt, den Unfallversicherungsträger, die Arbeitsschutzbehörde als auch für Arbeitgeber und Betriebsrat aus. Arbeitgeber und Betriebsrat können aufgrund der Einbindung der Sozialpartner sicher sein, dass alles seine Richtigkeit hat.“

Kara: „Das Konzept wurde für kleinere Unternehmen und den Mittelstand entworfen.“

Ray greift den Ball auf: „Warum für diese Unternehmen?“

Leopold: „Um die Chancen der Arbeit außerhalb des Unternehmens sinnvoll nutzen zu können, sind Rahmenbedingungen zu schaffen, die u. a. Arbeits- und Gesundheitsschutz, Datensicherheit und Datenschutz, sichere und schnellere technische Infrastrukturen, Arbeitsorganisation und -umgebung ganzheitlich berücksichtigen.[11] Ein DAX-Unternehmen hätte keine Probleme diese Gesichtspunkte zu beachten und deren Umsetzung zu finanzieren. Kleinere oder mittelständisches Unternehmen demgegenüber haben schwerlich die notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen. Der Unternehmer hätte, neben seinen vielfältigen Aufgaben, auch keine Zeit sich mit der Einrichtung eines SOH zu beschäftigen. So entlastet das SOH-Konzept die Unternehmen, weil Experten aus den gerade genannten Disziplinen gemeinsam die Voraussetzungen des SOH praktikabel formulieren, eine Kostentransparenz entsteht, die Konkurrenz zwischen den Anbietern vor hohen Kosten schützt und die Zertifizierung für die richtige Umsetzung steht.“

Ein Smart Office Home ist mehr als Computerarbeit am Küchentisch

Adil: „Das ist ja alles schön und gut. Aber wo ist der Unterschied zwischen einem wilden Home-Office und dem »SOH«?“

Leopold: „Adil herzlichen Dank für die gute Frage. In der digitalen Arbeitswelt ersetzt die Arbeit außerhalb des Unternehmens die regulierte Beschäftigung im Unternehmen. Ein Gesichtspunkt ist aber im Kontext der allgegenwärtigen CyberCrime besonders relevant: Das Smart Office Home ist mehr als ein Computerarbeitsplatz am Küchen- oder Wohnzimmertisch. Die Grundsätze der höchstmöglichen Datensparsamkeit sowie der Zweckgebundenheit gelten auch beim Datenschutz am Arbeitsplatz zu Hause. Datenschutz und die Datensicherheit sind in der Arbeitswelt 4.0 besonders wichtig und somit das wilde Home-Office ein No Go.“

Soliana: „Warum ist Datensicherheit bei der Arbeit von zu Hause relevant?“

Adil: „Wir verstehen unter Datensicherheit alle technischen Aspekte, die dem Schutz von allen möglichen Arten von Daten und nicht nur personenbezogenen Daten dienen. Die Sicherung betrieblicher Daten vor dem unberechtigten Zugriff Dritter wurde bereits 2017 vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages im Kontext der Telearbeit und der Mobilen Arbeit angesprochen.[12] Bei der Datensicherheit werden bestimmte Ziele verfolgt: Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit. Vertraulichkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Zugriff auf die Daten nur von befugten Personen vorgenommen werden kann. Integrität steht für die Unversehrtheit der Daten sowohl vor Manipulation als auch vor technischen Defekten. Verfügbarkeit bedeutet, dass vorhandene Daten im Bedarfsfall auch verwendet werden können. Da der berufliche Umgang mit Daten im privaten Umfeld und außerhalb des Einflussbereiches des Arbeitgebers geschieht, muss Datensicherheit auch bei der Arbeitsform Smart Office Home gewährleistet werden.[13]

Leopold: „Hier setzt das erste Ziel des SOH an. Die Arbeit von Zuhause aus im SOH muss genauso sicher sein, wie die gesetzlich regulierte Arbeit im Betrieb und Büro. Die digitale Arbeit im SOH wird sogar sicherer, weil die Cloud-Software-Anbieter zum Beispiel immer das Neueste anbieten; auch unter Wettbewerbsgesichtspunkten.“

Soliana: „Wir folgen dem Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, der empfiehlt, für mobiles Arbeiten und Telearbeit nur Geräte einzusetzen, die vom Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik für das mobile Arbeiten in der Bundesverwaltung zugelassen wurden.“

Leopold: „Gutes Beispiel. Mit der Sicherheit haben wir auch das zweite Ziel angesprochen. Unter Arbeitsschutzgesichtspunkten ist das SOH genauso sicher wie der betriebliche Arbeitsplatz gestaltet - auch unter ergonomischen Gesichtspunkten -. Der häusliche Arbeitsplatz befindet sich an einem Schreibtisch, der der Arbeitsstättenverordnung entspricht. Er muss aber nicht in einem häuslichen Arbeitszimmer stehen. Vielmehr kann dieser häusliche Arbeitsplatz auch im Wohnzimmer oder im Flur, je nach Wohnung, Platz finden.“

Xanadu: „Der Arbeitgeber muss aber doch kontrollieren, ob das Smart Office Home arbeitsschutzkonform ist. Wie machen wir das?“

Soliana: „Da gibt uns doch das Arbeitsschutzgesetz mit § 5 einen guten Rahmen vor. Mit einer Gefährdungsbeurteilung wird der Arbeitsplatz auch im Kontext physischer und psychischer Belastungen beurteilt. Zwar hat der Arbeitgeber kein Zugangsrecht zu den privaten Räumlichkeiten des Arbeitnehmers, aber mit Abschluss des SOH-Vertrages und der vereinbarten Zertifizierung, ist es Mitarbeitern der Zertifizierungsgesellschaft nach Absprache gestattet, die Wohnung zu betreten. Diese könnten ansonsten ja keine Bescheinigung ausstellen.“

 Kara: „Natürlich lebt das SOH-Konzept auch von der Mitwirkung der Kollegen. Zum einen sind diese gem. § 15 ArbSchG verpflichtet, nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Arbeitgebers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit selbst Sorge zu tragen. Zum anderen müssen sie nach § 16 ArbSchG jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit unverzüglich dem Arbeitgeber melden.“

Soliana: „Soweit so gut. Wie würden wir für unsere Mitarbeiter an ortsungebunden Arbeitsplätzen das SOH-Konzept realisieren können?“

Leopold: „Im Zentrum steht die Wohnung oder das Haus des Beschäftigten. Dieser und die Smart Factory einigen sich darauf, dass das Unternehmen auf seine Kosten einen häuslichen Arbeitsplatz oder ein häusliches Arbeitszimmer als SOH finanziert. Die SOH-Equipment-Anbieter richten die Büros in der jeweiligen Wohnung vorgabegerecht ein und zum Abschluss stellt der Zertifizierer die Bescheinigung aus.“

Der Schreibtisch, der ein temporärer ist

Ray sarkastisch: „Also steht 24 Stunden am Tag irgendwo in der Wohnung ein Schreibtisch herum. Tolle Lösung Leopold.“

Leopold: „Ray, mehr Phantasie. Der häusliche Arbeitsplatz kann auch ein temporärer Arbeitsplatz sein und ist ggf. als Tisch durch Rollen mobil. Nach getaner Arbeit wird der Arbeitsplatz zusammengeklappt und irgendwo in der Wohnung verstaut. Das kommt immer auf die jeweilige Wohnung an. Vielleicht ist der Arbeitsplatz auch in der Schrankwand versteckt. Der Handwerkskunst sind keine Grenzen gesetzt.“

Adil: „Nicht in allen Wohnungen können häusliche Arbeitsplätze realisiert werden.“

Diesen Einwand hat Leopold schon tausendmal gehört: „Sicher nicht. Aber in mehr als wir alle heute denken. Oftmals helfen keine Lösungen von der Stange, aber spätestens, wenn ein skandinavisches Möbelhaus diese Marktlücke entdeckt, kann für wenig Geld das entsprechende Mobiliar erworben werden. Ich habe einmal im Internet eine Zeitreise nach Tokio im Jahre 2020/2021 unternommen. Dort erlebten Raumtrenner fürs Homeoffice in der kleinsten Wohnung einen wahren Boom. Von luxuriös bis günstig, für alles gab es eine Lösung. Ich zeige Euch einen Bericht des Schweizerischen Rundfunks aus der Sendung Kassensturz vom 06.01.2021[14]

Mit der Architektur der Arbeit 4.0 auf der digitalen Welle schwimmen

Der Fernseh-Bericht über den japanischen Erfindergeist verhallt nicht wirkungslos, aber Ray wird ungeduldig: „Leopold, thanks für den guten Überblick. Aber wie ich schon sagte, leiden wir unter Wettbewerbern und müssen dringend die Arbeitskosten senken und nicht ausweiten. Zugleich müssen wir unsere Innovationskraft unternehmens- und branchenübergreifend stärken. Die Factory ist gezwungen, dem Trend der europäischen Wirtschaft zur Crowdisierung und Cloudisierung zu folgen und alle Kostenvorteile auszuschöpfen. Deshalb sind folgende Maßnahmen unausweichlich:

  1. Eine zahlenmäßige Verstärkung unserer cloudbasierten Internet-Arbeitsverhältnisse und unserer internationalen Crowdworker-Aktivitäten.
  2. Die Schließung unserer Marketing- und Entwicklungsabteilungen und die
  3. Stärkung der Innovationsfähigkeit beim autonomen Fahren und der künstlichen Intelligenz durch Einbindung eines chinesischen Unternehmens und chinesischer KI-Experten in virtuellen Teams auf Crowdworking-Plattformen.“

Kevin: „Das ist ja alles schön und gut. Aber wie sieht das Konzept nun aus?“

Ray: „Mit der Vernetzung entsteht eine Vielfalt neuer Arbeitsformen: Anders als im Zeitalter traditioneller Fabrik- und Büroorganisation erfolgen Wertschöpfungsprozesse nicht mehr nur in örtlich konzentrierten und auf Dauer angelegten betrieblichen Strukturen, sondern räumlich verteilt und zeitlich variabel. Wir differenzieren auf der einen Seite zwischen dem Standort der Leistungserstellung und auf der anderen Seite zwischen interner und externer Wertschöpfung.“

Leopold: „Ray. Du dozierst das Einmal eins der vierten Industriellen Revolution.“

Ray ungerührt: „Die Leistungserstellung nutzt zwar, wie bei der Industrie 4.0, digitale Technik, wird aber an unserem Standort realisiert und erfolgt mehr oder minder physisch. Die Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien in physischen Wertschöpfungsbeziehungen führt zu der Entstehung einer informationsbasierten, als virtuell oder digital bezeichneten Wertschöpfung.[15] Letztendlich führt die Informatisierung, d.h. der Prozess der Erzeugung und Nutzung von Informationen in der digitalen Arbeitswelt, aber zu einer Trennung der Hand- von der Kopfarbeit.[16] Unsere digital gestützten Prozesse und deren Austauschbeziehungen sind virtuelle Wertschöpfungsketten.[17] Und so nutzen wir mit der Digitalisierung auch die virtuelle, dematerialisierte und standortunabhängige Wertschöpfung, auf der das Unternehmenskonzept basiert.[18]"

Soliana: Open Innovation und unternehmens- und branchenübergreifende Zusammenarbeit bestimmen den globalisierten Unternehmensalltag. Innovations-Plattformen zählen dazu. Dem geschilderten Innovations-Trend kann das Unternehmen auf vielfältige Art und Weise nachkommen:

  • zunächst durch die Ausweitung von Forschung und Entwicklung auf an sich unternehmensfremde Bereiche - durch Open Innovationen outside the box - etwa,
  • durch die Einbeziehung externer Spezialisten etwa auch durch Cloud- oder Crowd-Working und
  • letztendlich durch unternehmens- und branchenübergreifende Kollaborationen; etwa durch virtuelle und crossfunktionale Teams.“

Xanadu: „Die Digitalisierung der Arbeit begünstigt und erzeugt Organisationsformen sowie Geschäftsmodelle, die das Phänomen der Leistung von Arbeit durch freie Menschen nach Weisung von Arbeitgebern und unter Eingliederung in seinen Betrieb als Grundtatbestand des Arbeitsrechts aushöhlen[19]. Ortsgebundene Arbeit wird bald die Ausnahme sein.[20]

Ray: „Eben. Das Arbeitsverhältnis muss sich stets neuen Gesichtspunkten anpassen. Schon immer waren es technologische Innovationen oder gesellschaftliche Veränderungsprozesse, die Änderungen im Verhältnis Arbeitgeber und Arbeitnehmer erforderlich machten. In der Arbeitswelt 4.0 werden Prozesse stetig verändert, wandeln sich schneller als jemals zuvor. Arbeit wird internationaler und erfordert eine fortwährende Auseinandersetzung mit sich verändernden Anforderungen an tatsächliche wie rechtliche Rahmenbedingungen.[21] Die Entwicklung digitaler Dienstleistungen unterscheidet sich von Arbeiten in industriellen Produktionen dadurch, dass sie ortsunabhängig erfolgt und die Entgrenzung der Arbeit bedingt.[22]

Adil: „Die Entgrenzung der Arbeit terminiert das Normalarbeitsverhältnis und beschreibt in politischen und wissenschaftlichen Diskussionen die Auflösung von zeitlichen, räumlichen und sachlichen Strukturen der Arbeit sowie die Auflösung der Grenzen zwischen Erwerbsarbeit und Privatleben.“

Ray: „Deshalb teile ich die Architektur der Arbeit 4.0 mit der Grafik in vier Bereiche:

 

Geprägt wird der erste Bereich von der Entgrenzung der Arbeit und der weltweiten Konkurrenz. Die Vernetzung verlagert die Arbeitsleistung vom physischen hin zum ortsungebundenen, virtuellen Arbeitsplatz und erzeugt eine Trennung in ortsgebundene und -ungebundene Arbeitsplätze.[23] Fließend geschieht der Übergang in den zweiten Bereich. Neben die interne Wertschöpfung tritt, vermittelt durch Crowdsourcing, die externe Wertschöpfung. Die Gig- und Crowdwork gerät verstärkt in den Focus der Plattformökonomie. Plattformen zerlegen digital unterstützt Arbeitsprozesse. Neue Formen der weltweiten Arbeitsteilung zwischen Menschen, aber auch zwischen Menschen und Maschinen sind die Folge. Mit dem Trend zur ortsungebundenen Arbeit löst sich der Betrieb als Gravitationszentrum des Arbeitsrechts auf. Unternehmen können via Plattformen Fach­kräfte auf dem internationalen Arbeitsmarkt gewinnen. World Wide­ Web heißt World Wide Work.[24]

Kara kopfschüttelnd: „Die ortsgebundenen Arbeitsplätze bleiben mit der Industrie 4.0 relevant, werden aber von den unterschiedlichen Elementen der digitalen Arbeitswelt anders betroffen, als die ortsungebundenen Arbeitsplätze, die aufgrund der Konnektivität nicht mehr im Unternehmen, sondern irgendwo Platz finden können.“

 

 

Xanadu: „Die Organisation von Arbeit über Plattformen erlaubt der Factory durch die externe Crowd Innovationspotentiale und Arbeitskraftressourcen zu erschließen und in Wertschöpfungsprozesse zu integrieren, ohne feste Arbeitsverhältnisse zu begründen.[25] Ein wichtiger Grund: Mit Crowdwork kann die Flexibilität, Arbeitsproduktivität und Qualität der Produkte über Plattformen arbeitskostenrelevant verbessert werden, wie die Grafik (Abb. 3) zeigt.“

Kara: „Aber trotzdem bestimmen in Zukunft Cyber-Physische-Produktions-Systeme mit horizontaler und vertikaler Integration als auch dezentraler Intelligenz und Steuerung unsere Zukunftsfähigkeit. Die digitale Vernetzung aller Werker, Werkzeuge und Werkstücke im Produktionsprozess und über Unternehmensgrenzen hinweg generiert ein Internet der Dinge und der Menschen. Ich muss Euch an die Corona-Pandemie erinnern. Corona fungierte als Katalysator der Digitalisierung der Arbeitswelt, bremste die ökonomische Globalisierung und führte zur Verkürzung der globalen (physischen) Wertschöpfungsketten.[26] Das hieß nicht nur ein Reshoring der Produktion, sondern auch eine potenzierte Automatisierung und Roboterisierung der Produktion in Mensch-Maschine-Teams. Die Automatisierung ersetzt die menschliche Arbeitskraft und macht die Factory von dieser unabhängiger.[27]

Kevin blendet die Industrie 4.0 aus, wendet sich dem Amerikaner zu: „Ray, in Ihrem Überblick gehen Sie mehr oder minder nur von nationalen und internationalen Crowd- und Gigworkern aus und separieren die ortsgebundenen von den -ungebundenen Arbeitsplätzen. Aber wo sind die deutschen Arbeitnehmer der Factory, die in ihren Büros oder im Homeoffice arbeiten? Die Vernetzung führt Menschen und Arbeitsplätze in der Arbeitswelt 4.0 weg vom tradierten Büro. Ich fordere…“

Kara unterbricht Kevin und lädt alle zum Mittagessen ein. So entspannt sich das Meeting für alle spürbar. Der Amerikaner hofft auf Leopolds Darstellung der ökonomischen, ökologischen sowie sozialen Nachhaltigkeit des Smart Office Home am Nachmittag (Wissenschaftsgeschichte IV). Der Focus soll jetzt mehr auf dem Smart Office Home liegen, um den Personalabbau in den Hintergrund und seine neuartige Konfiguration zur Digital Work First in den Vordergrund zu rücken.

Ruppert serviert wie immer Chili con Carne oder sin Carne, erhält allerdings diesmal wenig Lob. Der Hackerangriff hat dem Heizmodul des Suppenautomaten nicht gutgetan. Die mexikanische Spezialität kommt eiskalt auf den Tisch und Soliana regt spontan an, mit ihr beim Foodtruck am Main einzukehren. Alle freuen sich über die Ablenkung und machen bereitwillig den Spaziergang an den Main. Im Sonnenlicht erscheint die mobile Esseneinheit an der hessischen Wasserstraße einladend und die Teilnehmer erwartet ihr Mittagessen bereits auf Imbisstischen.

Kara kommt die Pause ganz recht, denn der Betriebsrat unterstützt nicht nur das SOH, sondern notgedrungen auch die Open Innovation über Crowdworking-Plattformen, weil in Deutschland bezahlbare KI-Experten Mangelware sind. Sie steht neben Ray und ihrem Vater, schaut beim Essen ein paar Enten auf dem Wasser zu. Wie zufällig gesellt sich ein Uniformierter zu ihnen und beobachtet beim Essen aufmerksam den Himmel über ihnen. An diesem sieht man aber nur Drohnen der Factory, denn das Firmengelände und dessen unmittelbarer Lufttraum ist an sich für unautorisierte Drohnen Sperrgebiet. Leopold traut aber seinen Augen nicht. Unter der Uniformjacke verbirgt sich eine Netzpistole. Urplötzlich suchen die Enten, nicht von der Pistole, sondern von einer kleinen Drohne aufgeschreckt, laut schnatternd das Weite. Die Netzpistole kommt zum Einsatz und mit hoher Geschwindigkeit umwickelt das Netz die Drohne. Beide versinken im Fluss. Die Vögel beruhigen sich, aber Leopold bleibt vor Überraschung der letzte Bissen im Hals stecken.

Fortsetzung folgt

Anmerkungen


[1] Siehe etwa Kai-Fu Lee, AI Superpowers, China, Silicon Valley und die neue Weltordnung, Frankfurt/New York 2019.

[2]https://www.deutschlandfunk.de/zukunft-der-arbeit-siemens-setzt-dauerhaft-auf-homeoffice.769.de.html?dram:article_id=480719 (Abgerufen: 19.10.2020).

[3] BMAS: Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales,

Entwurf eines Gesetzes zur Frderung der Betriebsratswahlen und zur Stärkung der Betriebsräte (Betriebsrätestärkungsgesetz) vom 21.12.2020, Nr. 16.

[4] Gerybadze, Digitale Wirtschaft und digitale Souveränität. In: Brandes, W. P. (Hrsg.), Digitale Heimat, Wiesbaden 2020, S. 259.

[5] Europäisches Patentamt, Patente und die Vierte Industrielle Revolution, München Dezember 2020, S. 7.

[6] Bertelsmann Stiftung, Megatrend-Report# 02: Die Corona-Transformation, 2020, S. 51.

[7] Bertelsmann Stiftung, ebenda, S. 43.

[8] Heil räumt ein, dass Fragen der Arbeitssicherheit und -zeit im Homeoffice komplex sind, https://www.tagesschau.de/inlandhomeoffice-heil-101.html (Abgerufen: 19.11.2020).

[9] Einen guten Überblick bei EMPLAYERS (Hrsg.), Arbeiten im Home Office – Ein Leitfaden zu Home Office und mobilem Arbeiten, München 2020.

[10] Vgl. etwa Wissenschaftliche Dienste des Bundestages 2017, Sachstand: Telearbeit und Mobiles Arbeiten – Voraussetzungen, Merkmale und rechtliche Rahmenbedingungen, WD 6 – 3000 – 149/16, S. 12 f.

[11] Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa), Gutachten zur Mobilen Arbeit. Erstelltim Auftrag der Bundestagsfraktion der Freien Demokratischen Partei (FDP), Düsseldorf 2019, S. 57.

[12] Wissenschaftliche Dienste des Bundestages 2017, Sachstand: Telearbeit und Mobiles Arbeiten – Voraussetzungen, Merkmale und rechtliche Rahmenbedingungen, WD 6 – 3000 – 149/16, S. 14.

[13] Siehe etwa EMPLAYERS (Hrsg.), Arbeiten im Home Office – Ein Leitfaden zu Home Office und mobilem Arbeiten, München 2020.

[14] Stalder/Kressbach, Neue Arbeitswelt in Japan – Erfindergeist in Japan: So geht Homeoffice in Kleinstwohnungen, https://www.srf.ch/news/panorama/neue-arbeitswelt-mit-corona-erfindergeist-in-japan-so-geht-homeoffice-in-kleinstwohnungen (Abgerufen: 14.01.2021)

[15] Scheer/Loos, Internetbasierte Geschäftsmodelle - Neue Möglichkeiten der Wertschöpfungsorganisation in der Internet-Ökonomie -, Universität Chemnitz (ohne Zeitangabe) S. 30.

[16] Schmiede/Baukrowitz/Boes, Die Entwicklung der Arbeit aus der Perspektive der Informatisierung. In: Matuschek/Henninger/Kleemann (Hrsg,), Neue Medien im Arbeitsalltag: empirische Befunde – Gestaltungskonzepte – theoretische Perspektiven, Wiesbaden 2001, S. 220.

[17] Scheer/Loos, ebenda, S. 30.

[18] Picot/Reichwald/Wigand/Möslein/Neuburger/Neyer, Die grenzenlose Unternehmung, 6. Auflage 2020, S, 7.

[19] Krause, Rüdiger, Digitalisierung der Arbeitswelt – Herausforderungen und Regelungsbedarf, Gutachten B zum 71. Deutschen Juristentag, München 2016, S. B 105.

[20] Lepping, Keynote: Vision Digitales Deutschland 2025, in: Schuster/Neuburger/Dowling (Herausgeber) Digitale Basisinfrastrukturen für die Wirtschaft 2025 (Tagungsband zur gleichnamigen Konferenz des Münchner Kreises), 2018, S. 22.

[21] Arnold/Günther, ArbR 4.0-HdB/Arnold/Winzer, Kap. 3 Rn. 1.

[22] Arnold/Günther, ArbR 4.0-HdB/Simon Kap. 1 Rn. 40.

[23] Schack, Im Zeitalter der Digital Labour Force. In: Brandes, W. P. (Hrsg.), Digitale Heimat, Wiesbaden 2020, S. 95 ff.

[24] Schack, Surfen auf dem digitalen Tsunami, 2017, S. 341 f.

[25] Vogl, Expertenmeinung, in: Kantar/Bertelsmann-Stiftung, Plattformarbeit in Deutschland, 2019, S. 53.

[26] Bertelsmann Stiftung, Megatrend-Report# 02: Die Corona-Transformation, 2020, S. 25.

[27] Bertelsmann Stiftung, ebenda, S. 28.



Bundestagswahl 2021: Das Corona-Home Office ist tot, es lebe das Smart Office Home

WissenschaftsgeschichteDas Schack

Die Dreifaltigkeit der Mobilität mit Verbrennungs- und E-Motoren sowie wasserstoffgetriebenen Aggregaten terminiert 2030 die Strategie einer Smart Factory für e-mobile und verstärkt deren wirtschaftliche Schwierigkeiten.

Phasen der digitalen Arbeitswelt - Ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit

WissenschaftsgeschichteDas Schack

Die Dreifaltigkeit der Mobilität mit Verbrennungs- und E-Motoren sowie wasserstoffgetriebenen Aggregaten terminiert 2030 die Strategie einer Smart Factory für e-mobile und verstärkt deren wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die Factory konkurriert mit China im Bereich des Internets der Autos.